Im Feld mit...Studierenden: Digitale Ethnografie in Corona-Zeiten III

Im Feld mit…Studierenden: Digitale Ethnografie in Corona-Zeiten III

Der dritte Teil der Blogserie, in der sich 5 studentische Feldforschungsprojekte zur Coronavirus Pandemie vorstellen. Dieses Mal:

Normalität in Zeiten von Corona – Forschungsübung im Methodenseminar

Ein Beitrag von Lea Cara Schöche und Henriette Werling

Was ist momentan eigentlich normal? Was bedeutet Normalität für uns? Wie sehr weicht unser Alltag in dieser Krisensituation von der „Normalstruktur“ ab? Und was hat die aktuelle Entschleunigung durch den Lockdown damit zu tun?

Mit diesen Fragen haben wir uns in unserer kollektiven Forschungsübung beschäftigt. Und nicht nur der Alltag erfährt eine Neu-Strukturierung, auch ethnologische Forschung muss anders und abseits der Norm gedacht werden.
So liefen nicht nur die Seminare mit den anderen Forschungsgruppen und dem Dozenten, sondern auch unsere eigenen „Treffen“ überwiegend in der digitalen Form ab, über Web-Portale mit Sprach- und Videofunktion…ein ganz neues Gefühl von Zusammenarbeit. Außerdem mussten auch unsere Methoden digital umgesetzt werden, die Interviews wurden über das Telefon geführt und unserer Alltagsbeobachtungen mit genügend Abstand umgesetzt.

Auch die Berichtplanung und alle Zwischenschritte gingen von Statten, ohne dass wir uns auch nur einmal persönlich gesehen hätten. So entwickelte sich auch für uns eine ganz neue Normalität, die gegen Ende unserer Arbeit gar alltäglich geworden ist, doch zurück zum eigentlichen Kern der Forschung!

Immer mehr Medien reden von einer „Rückkehr zur Normalität“, und auch bei Freund*innen und Bekannten taucht der Wunsch nach Normalität und alter Struktur auf. Man sehnt sich nach dem Ende der Pandemie und einem Ende des anhaltenden Ausnahmezustands. Vor allem in Familien mit Kindern ist die Kluft zwischen der alten Normalität und der aktuellen Lage groß: durch Homeschooling und Homeoffice erfolgte eine komplette Tages- und Wochenumstrukturierung, die durch die Norm-Abweichung und Neuordnung des Ablaufes viel Energie gekostet hat.

Durch Interviews mit Menschen in verschiedenen Lebenslagen (wir beschränkten uns hierbei auf unseren Bekanntenkreis) und durch Alltagsbeobachtungen wurde uns erst so richtig bewusst, wie sehr Arbeit und Tagesstruktur Teil jeder individuellen Normalität sind und wie „normal“ es für uns eigentlich ist, Teil der beschleunigten Welt zu sein.

Normalität scheint ein wichtiger Punkt in eines jeden Leben, sie vermittelt Struktur und Sicherheit. Vor allem deshalb ist sie von so großer Bedeutung. Nicht jeder Tag muss neu aufgebaut und erarbeitet werden, denn wegen Gewohnheiten und Normalstrukturen läuft der Tagesrhythmus quasi ganz von alleine.
Doch durch Lockdown, Kontaktbeschränkungen, geschlossene Schulen, Universitäten und Arbeitsplätze, ja auch durch Reisebeschränkungen, wirtschaftlichen Stillstand und Entschleunigung des Lebenstempos kommt die individuell aufgebaute Normalität ins Wanken. Auf einmal muss umstrukturiert werden, Kinder bleiben zuhause, Univeranstaltungen werden abgesagt oder Unternehmungen fallen ins Wasser. Kein Wunder, dass der Normalitätsbegriff aktuell in aller Munde ist, ist es doch das, was momentan am meisten zu fehlen scheint.

Als letzter Teil unserer Forschungsübung gilt es nun, alle Erkenntnisse in Schriftform zu bringen und auszuwerten. Wir hoffen dennoch, dass wir hier erstmal einen kleinen aber feinen Einblick in unser Methodenseminar und das damit zusammenhängende Projekt geben konnten.